Jeden Tag wird nun über die Lockerungen diskutiert. Jeden Tag ein kleiner Schritt. Jeden Tag Pressestatements dazu vom Bundeskanzleramt Österreich. Wir haben mit der Ausgangssperre viele Menschen vor dem Corona-Virus das Leben gerettet. Wir haben uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln auf die Eindämmung eines Virus konzentriert. Was gut und richtig war.
Wir haben jedoch nicht mitbedacht, dass der weltweit größte Auslöser für Krankheiten und vorzeitige Todesfälle in der Welt gar nicht Viren oder andere übertragbare Krankheiten sind. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass etwa 71% der 56 Millionen Todesfälle, die 2015 weltweit auftraten, auf Nicht-Übetragbare-Krankheiten (non-communicable diseases, NCD) zurückzuführen sind – hauptsächlich auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes und chronische Lungenerkrankungen. Dies schrieb das European Heart Journal im Mai 2019.
Umweltfaktoren, besonders die Luftverschmutzung, stellen dabei besonders hohe Gesundheitsrisiken dar. Sie werden in der globalen Krankheitslast unterschätzt, meint die WHO. Die Exposition gegenüber erhöhten Mengen an Feinstaub beeinträchtigt unsere Gefäßfunktionen. Das wiederum kann zu Blutdruckanstieg, Diabetes, Schlaganfall, Herzinfarkt und Herzinsuffizienz führen.
Die Luftverschmutzung verursacht doppelt so viele Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie direkte Atemwegserkrankungen, schriebt Kai Niebert, Nachhaltigkeitsforscher an der Universität Zürich und Präsident des Deutschen Naturschutzrings, vor zwei Tagen in der ZEIT. Als besonders erwähnenswert erwähnt Niebert, dass die Luftverschmutzung pro Jahr mehr zusätzliche Todesfälle als das Rauchen verursache.
Der Lockdown hat somit nicht nur Leben gerettet, indem er die Ausbreitung des Coronavirus eindämmte, sondern auch indem er die Luftverschmutzung eindämmte. Denn während der Ausgangssperre wurde weniger Auto gefahren, Kohle verbrannt und der Flugverkehr war eingestellt. Die Luft hat in der Zeit der Ausgangssperre nicht nur besser gerochen, sie war auch besser. Daten der Europäischen Weltraumbehörde ESA können dies belegen. Ihre Satelliten haben die Stickstoffdioxidwerte in Europa gemessen und festgestellt, dass die Luftverschmutzung im Vergleich zu 2019 in einigen europäischen Städten um mehr als 45 Prozent zurückgegangen ist. Schaut Euch dazu Analysen der Europäischen Umweltbehörde an.
Übrigens belegt ist mittlerweile auch – beispielsweise von Forscher der Harvard School of Public Health in Boston – dort, wo Menschen besonders viel Feinstaub atmen, sterben auch besonders viele Menschen an Covid-19. Fazit: Je höher die Luftverschmutzung, desto höher das Sterberisiko. Mit und ohne Virus.
Fotocredit: Bernd Kasper / pixelio.de
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