Ernährungskrise – 09.04.20

Erwin Lorenzen / pixelio.de
Erwin Lorenzen / pixelio.de

Nach der Krise ist vor der Krise. Wir arbeiten derzeit alle zusammen daran, die Coronakrise zu überstehen und die nächste Krise steht bereits vor der Türe: Eine Nahrungsmittelkrise. Davor warnt heute die FIAN International, die internationale Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung, in einem neuen Monitoring-Bericht. Der Bericht über die Auswirkungen von COVID-19 auf das Menschenrecht auf Nahrung und Ernährung listet die drastischen Auswirkungen der gegenwärtigen Krise auf das Leben der Menschen auf – zeigt jedoch auch positive Beispiele.

Die Auswirkungen der Pandemie und die Maßnahmen zur Eindämmung der Ansteckung würden die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen verstärken, so die FIAN. Das würde vielen Menschen den Zugang zu angemessener Nahrung verwehren. Zwölf Jahre nach der Nahrungsmittelpreiskrise 2007/2008 würde sich die Welt damit inmitten einer der auf vielen Ebenen dramatischsten globalen Krisen unserer Zeit befinden.

Die Pandemie COVID-19 führe somit die Menschheit nicht nur in eine beispiellose gesundheitliche Notlage, in der die Mängel unserer Gesundheits- und Sozialsysteme am deutlichsten zutage treten. Sie verschärft auch Hunger und Unterernährung. Der Bericht macht eines klar: Nicht nur gezielte Maßnahmen sind erforderlich, um der Pandemie zu begegnen. Es bedarf auch einer öffentliche Politik, die die Art und Weise, wie unsere Gesellschaften organisiert sind und das Wirtschaftssystem funktioniert, grundlegend verändert. Wir können einfach nicht zur Normalität zurückkehren“, betont Lukas Schmidt, Geschäftsleiter von FIAN Österreich.

Während sich in anderen Ländern bereits eine Verknappung bestimmter Lebensmittelarten abzeichnet, ist auch in Österreich Zugang zu ausreichenden Nahrungsmitteln eingeschränkt. Supermarktketten haben Vorrang vor lokalen Märkten und lokalen Kooperativen als Lebensmittelverteiler. Das bedeutet, dass industriell verarbeitete Produkte leichter erhältlich sind, als frische und nahrhafte Lebensmittel von kleinbäuerlichen Lebensmitteproduzent*innen. Das beeinträchtigt deren Einkommen stark und verhindert den Zugang der Menschen zu gesunder und vielfältiger Ernährung.

Die Einschränkungen in Bezug auf Zugang und Qualität werden sich sehr wahrscheinlich stärker auf diejenigen auswirken, die bereits mit Hunger und Mangelernährung konfrontiert sind. Wo sich das auswirkt? Beispielsweise bei Übergewichtigen und Fettleibigen – beides Formen der Mangelernährung -, die weltweit mehr als 1,9 Milliarden bzw. 650 Millionen Erwachsene ausmachen. Sie werden bei einer Infektion mit COVID-19 mit größerer Wahrscheinlichkeit schwerwiegendere Symptome und Komplikationen entwickeln. Ebenso haben unterernährte Menschen, die bereits vor dem Ausbruch 821 Millionen Menschen ausmachten, eine geringere Immunität, um gegen das Virus zu kämpfen.

Aber es gibt auch positive Beispiele: Während die Regale in den Supermärkten geleert wurden und zugleich örtlichen Bauernhöfen die Abnehmer*innen für ihre frischen Lebensmittel fehlten, haben in Österreich – aber auch in Frankreich und Rumänien – Bauernorganisationen aktiv gegen die Schließung von Bauernmärkten mobilisiert. Das hat geholfen: Richtlinien der Regierung wurden aufgestellt, die klarstellen, dass lokale Lebensmittelmärkte geöffnet bleiben. Zugleich wurden Maßnahmen getroffen, wie die Ausweitung der Marktflächen. „Den österreichischen Bäuer*innen ist es gelungen, eine drohende Schließung der Bauernmärkte abzuwenden. Vertriebsstrukturen für Kleinbäuer*innen müssen nicht nur verteidigt, sondern ausgeweitet werden. Angesichts der massiven Verschiebungen, die infolge der Pandemie global im Ernährungssystem zu erwarten sind, spielen vielfältige, regionale, nachhaltige Lebensmittelproduzent*innen eine entscheidende Rolle für eine widerstandsfähige Agrarwirtschaft und die Gesundheit der Menschen“, so betont Tina Wirnsberger, Projektleiterin bei FIAN Österreich, die wichtige Bedeutung von kleinbäuerlichen Versorger*innen für die erfolgreiche Bewältigung dieser Krise.

Umso mehr sei es nun von hoher Priorität, die UN-Erklärung der Rechte von Kleinbäuer*innen und anderen in ländlichen Regionen arbeitenden Menschen konsequent umzusetzen. Vom Schutz der wichtigsten Nahrungsmittellieferanten der Welt, der Bauern und anderer Landarbeiter, bis hin zur Gewährleistung maßgeschneiderter Mechanismen zum Schutz der am stärksten ausgegrenzten Menschen gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die das Leben von Millionen Menschen in dieser drohenden Nahrungsmittelkrise wesentlich verbessern können, schloß der Bericht.

Ich habe die Nachricht von diesem Bericht eben am Tag 24 als Presseaussendung mit dem Betreff „COVID-19: Beginn einer drohenden Ernährungskrise“ hereinbekommen. Wir haben es in der Hand, nun etwas zu ändern. Wann, wenn nicht jetzt? Und wir werden das schaffen!

Hier der Bericht zum Nachlesen: https://fian.at/de/publikationen/bestellen-download/st-2020-2-covid19

Fotocredit: Erwin Lorenzen  / pixelio.de

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