Heute Morgen wachte ich mit einem Wort in meinen Gedanken auf. Es lautete: „Großfeldstudie“. Ich empfinde die Situation, wie als ob wir uns in einer riesigen Feldstudie befinden. (Eine Feldstudie ist eine systematische, wissenschaftliche Beobachtung unter natürlichen Bedingungen – also außerhalb eines Labors, dafür im Biotop des beobachteten Objekts). Beobachten können wir Menschen uns ganz einfach und unwissenschaftlich selber. Nämlich mit unseren üblichen Frühlingserkrankungen, wie Heuschnupfen, Rheuma, Husten und Asthma, Hautausschläge, Kopfschmerzen, Migräne, Kreislaufstörungen, Gliederschmerzen, Narbenschmerzen oder Schlafstörungen. Die medizinische Forschung weiß zwar noch nicht genau, was die Frühlingserkrankungen in Zusammenhang mit dem Frühling auslöst. Man nimmt an, dass Temperatur- und Luftdruckschwankungen, Feuchtigkeit, nahende Gewitter, UV-Strahlen, Infrarotstrahlen, Pollenflug und Umwelteinflüsse zusammentreffen.
Und genau um letzteres geht es mir bei dieser Großfeldstudie. Um die Umwelteinflüsse. Denn diese haben sich geändert. Besonders auffallend ist dies bei Bäumen und Sträucher zu beobachten. Sie blühen aktuell in den Gärten und auf Wald und Wiese wunderschön und besonders stark. Sie duften auch herrlich. Es ist eine Freude, sie anzusehen. Sie stehen voll und ganz in der Blüte, wie es so schön heisst. Der Präsident des Steirischen Naturschutzbundes Johannes Gepp freut sich nicht so wie ich darüber. Er betrachtet diese Naturpracht mit anderen Augen und macht sich Sorgen. Die unüblich starken Blüten seien ein Indiz dafür, dass Bäume und Sträucher in ganz Mitteleuropa massiv unter Stress stünden. „Die letzten Jahre waren schon extrem“, erklärte der Ökologe vor zwei Tagen in der Kleinen Zeitung. Heuer gäbe es noch eine Steigerung. Menschen mit Frühlingserkrankungen, beispielsweise Pollenallergiker, bekämen das heuer besonders stark zu spüren. Die Bäume seien zwei, drei Wochen früher dran und die Belastung sei so stark wie nie zuvor. Gepp begründete dies anhand eines Beispiels: „Die Hasel hat dann nicht hundert Blütenstände und die Salweide (Palmkätzchen) nicht ein paar Hundert oder Tausend – es sind Abertausende! Bei den Erlen zum Beispiel hängen 5000 Blütenstände. Pro Baum!“
Jahre mit einem hohen Fruchtanteil an den Bäumen gab es früher alle sieben bis elf Jahre. Aktuell haben wir das dritte Jahr in Folge. Gepp bezeichnete dies in der Kleinen Zeitung als „Angstblühnen“ und „Angstblüten“. Zustandekommen würde diese Angst durch den Klimawandel mit seiner überdurchschnittliche Erwärmung und Trockenheit. Mit Millionen von Samen sorge die Natur aktuell dafür, dass für die Zukunft vorgesorgt sei – auch wenn diese Zukunft gar nicht rosig sei, meinte Gepp. Der Ökologe verweist auf die bereits vorhandenen Schädigungen durch den vermehrten Energieaufwand der Bäume und Sträucher. Feinde wie etwa der Borkenkäfer, der Buchdruckerkäfer oder parasitäre Pilze hätten ein leichtes Spiel. Erste Berichte gäbe es sogar, wonach auch Wurzeln bereits geschädigt seien. Wenn das stimme, „dann stehen wir vor einer Megakatastrophe“ warnte Gepp.
Genau so hört und fühlt sich ein Burnout an. Also auch wenn die aktuelle Blütenpracht wunderschön aussieht, der Schein trügt. Damit befinden wir uns in einer Großfeldstudie mit gefährlichem Ausgang. Und das kann nur heißen: Die Umsetzung des Green Deals der EU und die Programme des Pariser Klimaabkommens haben jetzt oberste Priorität. Sie dürfen nicht weiterverschoben werden, wie dies die EU-Kommission kürzlich angekündigt hat und die Klimareporter am 16. April 20 berichteten. Meine Gedanken zum Tag 37.
Fotocredit: Andreas Hermsdorf / pixelio.de
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